Sonntag, 27. August 2006
Von Holzpilzen und Hirschköpfen
Ich bin von Natur aus ein eher praktisch veranlagter Mensch und gebe meine hart erschnorrten Euros nicht gerne für Dinge aus, die zwar schön anzusehen, aber zu nichts zu gebrauchen sind, wie z.B. Blumen. Wenn ich Geld in etwas investiere, dann muss es in irgendeiner Form angenehme Geräusche oder Bilder produzieren, Kommunikation ermöglichen, mich von einem Ort zu einem anderen transportieren können, unterhaltsam, lesbar oder beschriftbar sein oder zumindest vibrieren (Gott, reißt euch zusammen, ich spreche natürlich von einem HANDY!).

Eine ganz andere Einstellung hat da meine Mutter, die es liebt, unser Haus mit Dingen wie Glaskugeln, Holzpuppen und Strohsternen vollzustopfen (sie nennt es "dekorieren"). Manchmal nehme ich zur Erforschung des puren Kapitalismuses und der unverhohlenen Dekadenz einige der Dekokataloge meiner Mutter zur Hand und sehe mir an, wofür unschuldige Bäume so alles sterben müssen. Nachdem Genuss solcher Kataloge, verspürt man oftmals das Bedürfnis, seine Euroscheine ganz fest an sich zu drücken und seine Münzen vorsichtshalber zu verschlucken.

Vor kurzem habe ich mal wieder ein ganz besonders aufschlussreiches Exemplar eines solche Kataloges erblickt, wobei ich jetzt natürlich
k(H)eine Firmennamen nenne. Nach kurzem blättern blieb mein Blick auf einem Produkt hängen, dass man zweifellos in keinem gutsortierten, praktischen Haushalt finden sollte: knapp einen halben Meter hohe Holzpilze. Wow! Wenn man den Test für die Pisa-Studie wirklich anspruchsvoll gestalten will, sollte man darin die Frage stellen, wofür man im Leben knapp einen halben Meter hohe Holzpilze braucht. OK, so wie wir mit Mutter Natur umgehen, ist es nicht undenkbar, dass es in einigen Jahren keine echten Pilze mehr gibt und diese Holzpilze wertvolle Museumsstücke werden, allerdings habe ich vollstes Vertrauen in die Genforschung, der es bestimmt gelingt, echte Pilze aus dem Rücken von Larborratten wachsen zu lassen. Man braucht also definitiv keine großen Holzpilze, um glücklich zu sein, etwas zu lernen und sein Leben zu meistern.



Nur wenige Seiten später machte ich eine weitere Entdeckung in diesem Katalog: Hirschköpfe aus Plastik zum an-die-Wand-hängen. Holla die Waldfee, wozu braucht man den so etwas?
"So liebe Besucher, das ist mein Lieblingsraum im ganzen Haus. Hier an der Wand hängen die Köpfe der Plastikhirsche, die ich bei meiner letzten Reise durch Nimmerland mit Papierkügelchen geschossen habe!"
Imitationen von abgehakten Tierköpfen als Dekoration, nun ja. Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Positiv könnte vielleicht angemerkt werden, dass diese Form der Deko möglicherweise ein paar echte Hirsche vor der Enthauptung bewahrt, aber ich habe auch noch keine Statistik gesehen, wonach die Erfindung des singenden Plastikfisches
->
der Anglergewerkschaft besondere Einbußen gebracht und den Fischen ein längeres Leben beschert hätte.

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