Samstag, 21. Oktober 2006
The same procedure like ...
Es ist wieder da. Man kann ihm nicht entkommen, irgendwann holt es einen doch ein und verschlingt dich erbarmungslos: das neue Semester! Nach drei Monaten gepflegten Gammelns, muss man sich im Oktober die Schimmelpilze abklopfen, den Verstand entriegeln und seinen schläfrigen Gesichtsausdruck zu einem glaubwürdigen "Ich denke an was anderes, aber ich sehe so aus, als würde ich zuhhören"-Blick umstellen.

Mein 7. Semester begann, wie ein Semester zu beginnen hat:
1. Verschlafen.
2. Am Bahnhof stehen und auf den Zug warten, der Verspätung hat. Niemand von den hochmotivierten Mitarbeitern der Deutschen Bahn macht sich die Mühe, durchzusagen, wo der Zug eigentlich bleibt und wann und ob er kommt, weshalb das ältere Ehepaar neben mir am Bahnsteig, das offenbar bislang andere Verkehrmittel genutzt hat, sehr nervös wird. Die alle 2-sekündige Frage, wo der Zug denn bleibe und ob er nicht schon längst da sein sollte, verhindert, dass ich einschlafe und auf die Gleisen plumpse.
3. Ich sitze im Zug und lerne 5 Minuten (Hochgerechnet), dann höre ich Musik.
4. Die erste Vorlesung des neuen Semesters. Business as usual.
5. Das erste Seminar des neuen Semesters. Da ich seit über drei Jahren diese Uni besuche, kann keiner erwarten, dass ich mich im Gebäude auskenne und suche erstmal den passenden Raum. Leider habe ich ihn gefunden. Der Prof. trennt die Spreu vom Weizen und lässt zu Beginn gleich einen Test schreiben. Ich fürchte, ich habe ihn bestanden.
6. Besuch der Mensa. Sandwich verdrückt. Meine Lieblingskomilitonin, ich nenne sie auch gerne "Das Wiesel", arbeitet fleissig und akribisch ihren Semesterstundenplan aus. Würde mir nie in den Sinn kommen. Mein Seminarprof taucht plötzlich hinter uns auf und spricht mich an, er kennt mich aus einem früheren Seminar, nennt mich eine "alte Kundin". Jetzt ist der Tag echt im Eimer.

The same procedure like ... every Semester.

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Sonntag, 15. Oktober 2006
Pizza macht paranoid
Mittwochabend, Fussball steht auf dem Programm. Man kann so eine Live-Fernsehübertragung eines wichtigen Fussballspiels der Deutschen Nationalmannschaft, die seit der WM 2006 der Lieblingsknuddelbär des Volkes ist, an verschiedenen Orten genießen: alleine zu Hause, wo man ungeniert sämtliche bekannte Schimpworte mit passenden Gesten untermalt benutzen kann, oder aber an einem öffentlichen Ort zusammen mit einem Querschnitt aus sämtlichen Gesellschaftsteilen, die sich ausnahmsweise mal alle einig sind, nämlich darüber, dass der Schiri ein A** ist, oder aber so wie ich in der tiefsten, tiefsten Wildnis.

Am Mittwoch, den keine Ahnung, ich studiere Geschichte und kann mir keine Daten merken, habe ich eine Freundin besucht, die ein hübsches kleines Haus, Baujahr ca. 1595, bewohnt, welches abseits der Zivilisation gut versteckt zwischen Felder und Wälder liegt, genau dort, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen, bevor der Fuchs den Hasen frisst. Keine Frage, es ist gemütlich und lustig dort, aber eben weit weg vom Schuss.

Auf den Schuss lege ich im Grunde keinen besonderen Wert, aber der Mensch muss essen und bei Fussballspielen im Fernsehen muss der Mensch etwas ungesundes und fettiges Essen, wie z.B. etwas vom Italiener. Glücklicherweise leben wir in einer MultiKulti-Essnation und so findet sich leicht ein Italiener mit Lieferservice, aber nun haben wir ja das Problem mit der Abgeschiedenheit. Das Essen ist schnell bestelllt, nur muss uns das Essen jetzt auch noch finden. Also sitzen wir vor der Glotze und sehen uns das Spiel an, während wir lauschen, ob der Lieferservice die Feldweg-ähnliche, unbeleuchtete Einfahrt am Rande der bewohnten Welt findet. Am Anfang gilt unsere Konzentration allein dem Fussballspiel, aber mit dem Hunger steigt auch die Paranoia.
War da nicht gerade ein Auto zu hören?
Mach mal die Glotze leiser!
Jetzt kommt er aber!
Jetzt aber!
Vielleicht sollten wir die Vorhänge beiseite schieben, damit der von weitem das Licht im Fenster sehen kann!
Woran erkennt man einen Axtmörder?

Der Satz "Jetzt aber!" fiel bald alle zwei Minuten, das Röhren der Heizung klang etwa alle fünf Minuten wie ein ankommendes Auto und vermutlich hatte sich der Axtmörder unser Essen schon längst unter den Nagel gerissen. Paranoia statt Pizza!

Das Essen kam schließlich passend zur 2. Halbzeit. Wir haben weder das Auto noch die Türglocke gehört, aber einer von uns war gerade zufällig in der Nähe der Tür, auf dem Rückweg vom Klo. Das Leben ist eigenartig. Das Essen war gut.

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Freitag, 13. Oktober 2006
Quellen der Inspiration
"Endlich!", bin ich gewillt zu schreien, "endlich gab es in meinem Leben mal wieder Ereignisse, die zu erzählen sich lohnen!" Freilich könnte ich ganze Seiten füllen mit Berichten über meinen Tagesablauf, mit Zusammenfassungen meiner hochtrabenden Gedanken über banala Trivialitäten wie "warum besitzen wir in unserem Haushalt eine Bananen-Tuperdose, aber keinen Feuerlöscher?", oder auch mit Abschriften meiner ICQ und Emailkorrespondenz, in der ich befreundete Menschen herzhaft beleidige, aber das wäre, seien wir ehrlich, scheißöde.

Daher freue ich mich darauf, in den nächsten Tagen zu berichten, wie der Pizzaservice mich paranoid gemacht hat, ich Freunde in den Bankrott getrieben habe und eine Baby-Katze mich fressen wollte...

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