Sonntag, 21. Januar 2007
Sturm geerntet
Früher fragte man ganz lässig: "alles senkrecht?" Dieser Tage muss es wohl eher heißen: "ist alles noch senkrecht, was vorher senkrecht war?" Es ist stürmisch in Deutschland. Ein Orkan, mit einem Namen, der mehr wie ein türkischer Gesellschaftstanz klingt, hat uns daran erinnert, dass die Natur am Ende den längeren Atem hat. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich muss gestehen, dass ich, als am Donnerstag plötzlich von Sturmwarnung die Rede war, nicht sonderlich besorgt war. Ich lebe im tiefsten Niedersachen und hier ist es in der Regel selbst Naturkatastrophen zu provinziell. Kein Hochwasser, kein Erdbeben, keine Vulkane und das, was wir normalerweise als "Sturm" bezeichnen, wird an den meisten Orten der Welt gerade mal als "etwas windig" klassifiziert. Als aber genügend Leute ausreichend Panik gemacht haben, wurde auch ich vorsichtig und habe mich auf dem schnellsten Weg nach Hause begeben. Einer meiner lichten Momente, wie sich herausstellen sollte, denn ich habe einen der letzten Züge erwischt, die noch regulär fuhren. So ist mir die Erfahrung, in einem Notlager zu nächtigen, erspart geblieben.

Zu Hause blieben die ganz großen Katastrophen Gott sei Dank aus. Das schlimmste war ein einstündiger Stromausfall, der einen wieder einmal daran erinnert hat, wie abhängig man von Strom ist und wie sehr man an diesen Luxus gewöhnt ist: "Der Strom ist aufgefallen, mach mal das Radio an, um zu hören, ob die was durchsagen!" Boing!

Das beste waren zwei halbwüchsige Mädchen, ca. 14 Jahre alt, die mitten im Sturm auf ihren hochhackigen Stiefeln auf der Straße standen und sich unterhalten haben. Da wußte ich, dass wir es nicht mit der Apokalypse zu tun hatten, denn wenn doch, wären die als erste weggeflogen.

... comment